MET_MOD1

1    Anwendungsbereich
2    Potenzielle Verdunstung
2.1    Grasreferenzverdunstung
2.2    Penman/Wendling-Verfahren
2.3    Verdunstungsansatz nach TURC-WENDLING
2.4    Turc/Ivanov-Verfahren
2.5    HAUDE-Verfahren
2.6    Verdunstungsansatz nach OUDIN
2.7    Datenbedarf und Modellsteuerung – Verdunstungsansätze
3    Schneedynamik
3.1    Schneemodell 1 – Koitzsch-Modell
3.2    Schneemodell 2 – empirischer Temperaturansatz
3.3    Schneemodell 3/6 – Knauf/Bertle-Modell
3.4    Schneemodell 4 – Kombinationsverfahren
3.5    Technische Beschneiung
3.6    Datenbedarf und Modellsteuerung – Schneemodelle
4    Ableitung meteorologischer Eingangsgrößen
4.1    Berechnung der Globalstrahlung
5    Literatur

1. Anwendungsbereich

Das Modul „MET_MOD1“ enthält alle Teilmodelle, die der Modellebene „Meteorologie“ (METEOR) zugeordnet sind. Das beinhaltet die

  • Simulation der Potenziellen Verdunstung,
  • die Abbildung der Schneedeckendynamik und
  • die Berechnung der Globalstrahlung aus der Sonnenscheindauer.

Die im Folgenden vorgestellten Ansätze beschreiben die Ermittlung der potenziellen Verdunstung und des Niederschlagsdargebots für eine beliebige Flächeneinheit (Raster, Polygone – Elementarfläche, Kaskadensegment, Teileinzugsgebiet, Region oder Gesamtgebiet). Für die Eingangsgrößen der Modelle wird vorausgesetzt, dass sie für diese Flächeneinheit repräsentativ sind.

Innerhalb des Rahmenprogramms ArcEGMO erfolgt in der Modellebene METEOR die Ermittlung allgemeiner meteorologischer Eingangsgrößen, die von den einzelnen Modellen im Modul „MET_MOD1“ benötigt werden, wie der astrono­misch möglichen Sonnen­scheindauer und der ex­traterres­trischen Strahlung gemäß der geographischen Breite des Untersuchungsgebietes, der Jahreszeit, des Gefälles und der Exposi­tion, die gemeinsam mit der Luft­tempera­tur, der relativen Luftfeuchtigkeit (alternativ dem Dampfdruck), der Windgeschwindigkeit und der Globalstrahlung für die zu modellierenden Flächeneinheiten bereitgestellt werden, sofern die entsprechenden Stationsmesswerte gegeben sind.

MET_MOD1 kann für alle Raumgliederungen (Elementarflächen EFL, Hydrotopklassen HYD, Kaskadensegmente KASEG, Teileinzugsgebiete TG, Regionen REG oder das Gesamtgebiet GEB) genutzt werden.

2. Potenzielle Verdunstung

Die reale Verdunstung wird in ArcEGMO auf der Basis der potenziellen Evapotranspiration ETP berechnet. Die potenzielle Evapotranspiration ETP ergibt sich allein aus der meteorologischen Situation.

ETP kann je nach Verfügbarkeit der notwendigen Eingangsdaten nach verschiedenen Verfahren ermittelt werden. Die geringsten Anforderungen an die Datenbasis stellen die empirisch-statistischen Verfahren (z.B. Haude-Verfahren, Oudin). Die aus Energiebilanz- und aerodynamischen Verfahren abgeleiteten Kombinationsgleichungen (Penman, Grasreferenzverdunstung GRV) benötigen zusätzlich die Windgeschwindigkeit als Eingangsgröße.

Aufgrund der geringen Dichte von Windmessstationen und der damit verbundenen Unsicherheiten bei einer Flächenübertragung ist die Verwendung der Gras-Referenzverdunstung bzw. des Penman/Wendling-Ansatzes nur für Gebiete zu empfehlen, für die repräsentative Messungen in ausreichender räumlicher Auflösung der notwendigen Eingangsdaten vorliegen.

2.1    Grasreferenzverdunstung
2.2    Penman/Wendling-Verfahren
2.3    Verdunstungsansatz nach TURC-WENDLING
2.4    Turc/Ivanov-Verfahren
2.5    HAUDE-Verfahren
2.6    Verdunstungsansatz nach OUDIN
2.7    Datenbedarf und Modellsteuerung – Verdunstungsansätze

3. Schneedynamik

Das Modul „MET_MOD1“ enthält vier Schneemodelle, mit denen die Schneedynamik entweder empirisch in Abhängigkeit von der Lufttemperatur (Modelle 2, 3/6) oder auf der Basis der vereinfachten Energiebilanzgleichung (Koitzsch & Günther, 1990) beschrieben werden kann. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Abbildung der in der Schneedecke gespeicherten Wassermenge (Wasseräquivalent) und der korrekten Abbildung der Schmelzwassermengen hinsichtlich Menge und Zeitpunkt. Die Schneehöhe wird nur in zwei Modellen (Modell 3 und 4) simuliert.

Besonders die Modellierung der aktuellen Schneehöhe erfordert die Berücksichtigung der Dichte der einzelnen Schneeschichten. Da diese durch Metamorphose (aufbauende-, abbauende-, und Schmelzmetamorphose, s. u. a. Gray & Male 1981) einer ständigen Veränderung unterliegen, wäre für ihre Modellierung die geschlossene Abbildung der Energiebilanz des Systems Atmosphäre – Vegetation – Schneedecke – Boden erforderlich. Entsprechende Modellansätze gibt es zwar (z. B. Flerchinger 2000), diese stellen jedoch hohe Anforderungen an die Eingangsdaten (Strahlung, Temperaturen an den Grenzschichten, Bestandeseigenschaften, etc.). Auf Einzugsgebietsebene stehen i. A. nur stationsbezogene Messreihen der wichtigsten meteorologischen Kenngrößen in täglicher Auflösung zur Verfügung. Insbesondere im Mittelgebirgsraum kann allein schon deren Regionalisierung aufgrund der geringen Stationsdichte und der heterogenen Topographie oftmals nicht hinreichend genau erfolgen. Da außerdem Boden- und Bestandeseigenschaften wesentlich den Energiehaushalt beeinflussen, diese aber ebenfalls nur annähernd abgebildet werden können, erscheint die Nutzung eines solchen Modellansatzes auf dieser Maßstabsebene nicht praktikabel.

In den alternativ genutzten, konzeptionellen Einschicht-Schneemodellen werden Metamorphoseprozesse entweder vernachlässigt oder sehr vereinfacht wiedergegeben (vgl. Dingman 1994). Hier charakterisiert die aktuelle Schneedichte den Umbildungsgrad einer Schneedecke (z.B. Fuchs 2005, Schulla 1997, Martinec et al. 1994, Braun 1985). Die Neuschneedichte ist zumeist eine Eingabegröße oder wird in Abhängigkeit von der Lufttemperatur berechnet. Hierfür wurden anhand von Beobachtungen verschiedene Ansätze abgeleitet (Goodison et al. 1981, Kuchment et al. 1983, Jones et al. 2001, Meister 1985). Die Schneesetzung wird häufig allein in Abhängigkeit von der Dauer der Schneeperiode berücksichtigt (z.B. in Herpertz 2001 nach dem Ansatz von Martinec et al. 1994). Die beiden in „MET_MOD1“ enthaltenen Ansätze (Kapitel 3.3, Kapitel 3.4) lassen sich dieser Modellgruppe zuordnen.

3.1    Schneemodell 1 – Koitzsch-Modell
3.2    Schneemodell 2 – empirischer Temperaturansatz
3.3    Schneemodell 3/6 – Knauf/Bertle-Modell
3.4    Schneemodell 4 – Kombinationsverfahren
3.5    Technische Beschneiung
3.6    Datenbedarf und Modellsteuerung – Schneemodelle

4. Ableitung meteorologischer Eingangsgrößen

4.1 Berechnung der Globalstrahlung

Wenn die Globalstrahlung Rs nicht als Stations­messwert vorliegt, kann sie mit folgendem Ansatz aus der extraterrestri­schen Strahlung Ra und der relativen Sonnen­scheindauer SDR geschätzt werden:

          Rs = Ra * (f1 + f2 * SDR)                                                                               (Gl. 2-1)

Die Faktoren f1 und f2 (bzw. FAKTOR_A und FAKTOR_B, s. Abbildung 3‑1) werden in der Literatur mit unterschiedlichen Werten (Turc 1961 f1 = 0.18, f2 = 0.62; Doorenbos & Pruitt 1977 f1 = 0.25, f2 = 0.50) angegeben. Sie weisen außerdem jahreszeitlich bedingte, gegenläu­fige Schwan­kungen auf. Schönermark (1973) gibt für den Faktor f2 monats­be­zogene Werte zur Berücksichtigung der Trübung der Atmosphäre durch Wasser­dampf und Staub an, die entsprechend Tabelle 2-1 einbezogen werden kön­nen.

Die relative Sonnen­scheindauer SDR ergibt sich zu

          SDR = n/N                                                                        (Gl. 2-2)

wobei n [h/Tag] die tatsächliche und N die astronomisch mögliche bzw. maxi­male Sonnenscheindauer ist.

Ra und N werden unter Nutzung des von Liebermann (1990) beschriebenen Verfahrens „äquivalenter Hänge“ als Tageswerte in Abhängigkeit von der geographi­schen Breite, der Jahreszeit  (Tagesnummer im Jahr), der Hangnei­gung und -exposition berechnet.

Die in Tabelle 2-1 dargestellten Ergebnisse von Testrechnungen zeigen die Notwendig­keit, bei einer flächendetaillierten Modellierung der Verdunstung den Einfluss von Hang­neigung und Exposition auf den Strahlungshaushalt zu berücksichtigen. Für THETA = 50° nörd­li­cher Breite sind die Jahressummen der extraterre­stischen Strahlung Ra für verschiedene Hang­nei­gungen und -exposi­tionen dargestellt, bezogen jeweils auf die „Normal­wer­te“ einer ebenen Fläche. Es ergeben sich Abweichungen von ca. ± 100%. So liegt das Ma­ximum der extraterresti­schen Strahlung für einen Südhang bei einem Gefälle von ca. 60° – einem Gefälle also, das durch an­nähernd senkrechte Be­strahlung ein maximales Energieangebot er­hält.

Tabelle 2-1:         Sonnenscheindauer und extraterrestische Strahlung in [%] in Ab­hän­gigkeit von Gefälle und Hangexposition, beide in [°]

 Gefälle
Exposition51525354555657585
08658413021141087
45907258494237343027
90100101103104104102989386
135110128143155162166164158148
180114139161178189195195189178
225110128143155162166164158148
270100101103104104102989386
315907258494237343027

5. Literatur

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Doorenbos, J.; Pruitt, W. (1977): Guidelines for predicting crop water requirements. FAO Irriga­tion and Drainage Papers No 24, 1977

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