Das vereinfachte Energiebilanzverfahren nach Koitzsch & Günther (1990) wurde um ein Schneedichtemodul erweitert und mit dem erweiterten Schmelzsetzungsverfahren nach Bertle (1966) und Knauf (1980) kombiniert. Eine Unterteilung der Schneedecke in Schichten erfolgt nicht, es wird jedoch pro Zeitschritt zwischen Alt- und Neuschnee unterschieden. Dieses Modell wurde bislang erfolgreich im Großraum Bayerischer Wald/Böhmerwald eingesetzt (Klöcking et al., 2013).
Wie bei den übrigen Schneemodellen in ArcEGMO wird in Abhängigkeit von der Lufttemperatur zwischen Akkumulations- und Schmelzperioden unterschieden.
Akkumulationsphase (Lufttemperatur <= TGakk):
Bei vorhandener Altschneedecke wird zuerst deren Dichte aus dem Verhältnis der Schneemenge S (als Wasseräquivalent in mm) und der Schneehöhe h berechnet.
Gl. 22 | |
mit | |
Schneedichte [kg m-3] | |
minimale Schneedichte [kg m–³] | |
Dichte von Wasser [1000 kg m–³] | |
Wasseräquivalent der Schneedecke [mm] = Sflüssig + Sfest | |
Schneehöhe [mm] |
Der Grenzwert ρmin wurde durch die Auswertung der langjährig verfügbaren Schneemesswerte des DWD und der Nationalparkverwaltung (NPV) Bayerischer Wald an den Stationen Waldhäuser, Grainet-Rehberg und Zwieselberg bestimmt. Die Analyse dieser Daten zur Höhe und dem Wasseräquivalent der Schneedecke ergab keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Dauer der jeweiligen Schneedeckenperiode und der aktuellen Schneedichte (als Verhältnis aus Schneemenge und –höhe). Jedoch zeigte sich, dass ein von der Schneemenge abhängiger minimaler Dichtewert nur selten unterschritten wird (Abbildung 2).
Abbildung 2: Verhältnis zwischen Schneedichte und Schneemenge als Wasseräquivalent
In der Schneedecke gespeichertes flüssiges Wasser kann wieder gefrieren. Die dabei freiwerdende latente Wärme verzögert die weitere Abkühlung der Schneedecke, so dass je nach Menge des freien Wassers und Grad der Abkühlung der Umgebungstemperatur innerhalb eines Zeitschrittes nicht die gesamte Menge kristallisieren kann. Da der Wärmehaushalt der Schneedecke nicht simuliert wird, kann dieser Phasenübergang nur grob quantifiziert werden.
Gl. 23 |
Grenzwert für das Wiedergefrieren des freien Wassers in der Schneedecke [mm/d] |
Bei Schneefall erhöht dieser das Wasseräquivalent Sfest. Die entsprechende Änderung der Schneehöhen Δh hängt von der aktuellen Neuschneedichte ρD0 ab. Diese wird in Abhängigkeit von der Lufttemperatur nach dem empirischen Ansatz von Meister (1985) berechnet.
Gl. 24 |
Neuschneedichte [kg m-3] | |
Dichte von Wasser [1000 kg m-3] | |
Bestandesniederschlag (Niederschlag – Interzeption) [mm/d] | |
Schneehöhe [mm] | |
mittlere Lufttemperatur am Tag des Schneefalls [°C] |
Die aktuelle Schneemenge ergibt sich aus der Summe von Altschneemenge und dem Bestandesniederschlag NB abzüglich der aktuellen Sublimation.
Gl. 25 |
Schneemenge [mm Wasseräquivalent] | |
Bestandesniederschlag (=Niederschlag-Interzeption) [mm/d] | |
Sublimation [mm/d] |
Schmelzphase (Lufttemperatur > TGs; TGs <= TGakk):
Die Schmelzrate M [mm/d] wird nach einem vereinfachten Energiebilanzverfahren Koitzsch & Günther (1990) berechnet. Berücksichtigt werden die Strahlungsbilanz, der konvektive Wärmeübergang, der Wärmeeintrag mit dem Niederschlag sowie die latente Schmelzwärme. Die Strahlungsbilanz der Schneeoberfläche wird aus der kurzwelligen Komponente mit einer Albedo von 0.5 für Altschnee und der langwelligen Komponente bei wolkenlosem Himmel (Brutsaert 1975) berechnet. Vernachlässigt wird die Wärmezufuhr aus dem Boden an die Schneedecke (s. Kapitel 3.1).
Änderung der Schneehöhe h durch Schneeschmelze:
Gl. 26 |
Schneedichte [kg m-3] | |
Dichte von Wasser [1000 kg m–³] | |
Schmelzrate [mm/d] |
Niederschlag und Schmelzwasser erhöhen den Anteil des freien Wassers in der Schneedecke. Die dadurch bewirkte Setzung der Schneedecke und der Abfluss des freien Wassers aus der Schneedecke werden mit dem Schmelzsetzungsverfahren nach Bertle (1966) berechnet. Hierbei wird ein empirischer Zusammenhang zwischen der anfänglichen Schneehöhe und der Menge des zugeführten freien Wassers angenommen. Die neue Schneehöhe ergibt sich zu:
Gl. 27 |
Schneehöhe [mm] | |
Schneehöhe in Prozent der Ausgangshöhe | |
Wasseräquivalent des Trockenschnees (Menge des gefrorenen Wassers in der Schneedecke) [mm] | |
Menge des freien Wassers in der Schneedecke [mm] |
In Abhängigkeit von der sich aus der neuen Schneehöhe und dem Wasseräquivalent ergebenden Schneedichte ρs (Gleichung (22)) berechnet sich der Abfluss des freien Wassers SW aus der Schneedecke mittels des erweiterten Schmelzsetzungsverfahrens nach Knauf (1980):
Gl. 28 |
Schneedichte [kg m-3] | |
kritische Schneedichte [kg m-3] | |
Dichte von Wasser [1000 kg m–³] | |
Menge des freien Wassers in der Schneedecke [mm] | |
h | Schneehöhe [mm] |
Die für den Schneedeckenabfluss kritische Schneedichte liegt zwischen 400 und 450 kg/m³. Ab diesem Schwellenbereich ist die Retentionskapazität einer Schneedecke soweit herabgesetzt, dass es bei freiem Wasser in der Schneedecke zu einer spontanen Wasserabgabe kommt (Knauf, 1980).