Dieses kombinierte Schmelz-Setzungs-Verfahren nach Knauf (1980) berücksichtigt, dass der Schmelzvorgang oder die Zuführung flüssigen Wassers durch Regen zunächst zu einer Strukturänderung der Schneedecke führen. Erst wenn die Grenze der Kapazität für freies Wasser überschritten wird, setzt die Wasserabgabe aus der Schneedecke ein (Bertle, 1966).
Das Abschmelzen wird durch ein Tag-Grad-Verfahren simuliert. Ausgabegrößen sind das Wasseräquivalent der Schneedecke, die Schneehöhe und der Schneedeckenausfluss. Dieses Modell liegt in zwei Versionen vor:
- Schneemodell 3: Umsetzung auf der Basis einer EXCEL-Vorlage der Ruhr-Universität Bochum
- Schneemodell 6: auf der Basis der Originalpublikation Knauf (1980)
Akkumulationsphase (Lufttemperatur <= TG):
Das Wasseräquivalent der Schneedecke S ergibt sich bei Temperaturen unter einem Grenzwert aus der Summe von Altschneemenge und dem Bestandesniederschlag NB abzüglich der aktuellen Sublimation. In der Schneedecke gespeichertes flüssiges Wasser gefriert wieder.
Sfest Wasseräquivalent des in der Schneedecke enthaltenen gefrorenen Wassers (Trockenschnee) [mm]
Sflüssig in der Schneedecke enthaltenes freies Wassers [mm]
NB Bestandesniederschlag (=Niederschlag-Interzeption) [mm/d]
Esnow Sublimation [mm/d]
ETp potenzielle Evapotranspiration [mm/d]
Einterz Interzeptionsverdunstung [mm/d]
Δt Zeitschrittweite [d]
Schneehöhenzunahme ΔhN bei Schneefall:
ρD0 Neuschneedichte [%]
.
Schmelzphase (Lufttemperatur > TG):
Die potentielle Schmelzrate Mp [mm/DT] wird mit einem Tag-Grad-Verfahren abgeschätzt:
mit
at = Gradtag-Faktor [mm/(K DT)]
LT+ = mittlere positive Lufttemperatur [°C]
Die aktuelle Schmelzrate wird durch die feste Schneemenge limitiert:
In der Literatur werden für den Grad-Tag-Faktor at folgende Werte angegeben (Tabelle 1):
Tabelle 1: Empirische Werte für den Gradtag-Faktor (Quelle: Hydroskript, M. Schöniger & J. Dietrich (2002))
Bedeckung | at [mm/(K d)] |
offenes Gelände |
4 – 7 |
Laubwald mit geringem Anteil an Nadelbäumen |
3 – 4,3 |
Nadel- oder dichter Laubwald |
1,5 – 2,3 |
Hochgebirge, Gletscher |
> 6 |
Ist die Simulationszeitschrittweite kleiner als 1 d, so wird dieser Faktor auf den Zeitschritt DT skaliert. Nach Knauf (1980) erfolgt dabei in Anlehnung an den Tagesgang gemessener Schmelzintensitäten eine unterschiedliche Wichtung in drei Tagesabschnitten:
21–7 Uhr (0,25), 7-14 Uhr (0,3) und 14-21 Uhr (0,45).
Änderung der Schneehöhe h durch Schneeschmelze:
mit
ρts Trockenschneedichte [kg m-3]
ρw Dichte von Wasser (1000 kg m–³)
MP Schmelzrate [mm/DT]
Niederschlag und Schmelzwasser erhöhen den Anteil des freien Wassers in der Schneedecke. Die dadurch bewirkte Setzung der Schneedecke und der Abfluss des freien Wassers aus der Schneedecke werden mit dem Schmelzsetzungsverfahren nach Bertle (1966) berechnet. Hierbei wird ein empirischer Zusammenhang zwischen der anfänglichen Schneehöhe und der Menge des zugeführten freien Wassers angenommen. Die neue Schneehöhe ergibt sich zu:
mit
h Schneehöhe [mm]
PH Schneehöhe in Prozent der Ausgangshöhe
Sfest Wasseräquivalent des Trockenschnees (Menge des gefrorenen Wassers in der Schneedecke) [mm]
Sflüssig Menge des freien Wassers in der Schneedecke [mm]
In Abhängigkeit von der sich aus der neuen Schneehöhe und dem Wasseräquivalent ergebenden Schneedichte ρs
berechnet sich der Abfluss des freien Wassers SW aus der Schneedecke nach Knauf (1980):
ρs Schneedichte [kg m-3]
ρkrit kritische Schneedichte [kg m-3]
ρw Dichte von Wasser (1000 kg m–³)
Sflüssig Menge des freien Wassers in der Schneedecke [mm]
h Schneehöhe [mm]
Die für den Schneedeckenabfluss kritische Schneedichte liegt zwischen 400 und 450 kg/m³. Ab diesem Schwellenbereich ist die Retentionskapazität einer Schneedecke soweit herabgesetzt, dass es bei freiem Wasser in der Schneedecke zu einer spontanen Wasserabgabe kommt (Knauf, 1980).