03. Programmtechnische Umsetzung


03.1 Räumliche und zeitliche Diskretisierung

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Das Modul Kinematische Welle wird über die Hauptsteuerdatei ARC_EGMO.STE aktiviert. Als Raumauflösungen können Kaskadensegmente (s. Basisdokumentation, Kapitel 4), Teileinzugsgebiete, Regionen oder das Gesamtgebiet gewählt werden.

Die zeitliche Diskretisierung bzw. die Berechnungszeitschrittweite DTb wird programmintern im Bereich zwischen 1 Sekunden und einem Tag variabel festgelegt (s. Basisdokumentation, Kapitel 3.4).


03.2 Ein- und Ausgangsgrößen

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Eingangsgröße ist der potentielle Landoberflächenabfluss als Überlauf des Muldenspeichers (s. Modellebene Abflussbildung). Ausgangsgrößen sind der Landoberflächenzufluss in das Gewässersystem als Inputgröße für die nachgeschaltete Modellebene Gesamtabfluss und der Anteil des Landoberflächenabflusses, der innerhalb des Berechnungszeitschrittes nicht das Fließgewässersystem erreicht hat. Letzterer wird der Abflussbildung erneut zur Infiltration angeboten.


03.3 Modellinitialisierung und Parameterermittlung

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Vor den eigentlichen Berechnungen erfolgt im Sinne eines „preprocessings“ die Ermittlung der Modellparameter und von zeitkonstanten Hilfsgrößen, deren Berechnung aus numerischen Gründen aus den zeitzyklischen Simulationsrechnungen herausgezogen worden sind. Neben der Festlegung der Berechnungshierarchie, die sicherstellt, dass der Abfluss aus einem Segment im aktuellen Zeitschritt den Unterlieger erreicht (Berechnung also von „oben“ nach „unten“) wird für jedes Kaskadensegment unter Nutzung der Informationen der im Basisdokumentation, Kapitel 4 beschriebenen GIS-Datenbasis ermittelt:

  • das mittlere Geländegefälle S,
  • die mittlere Oberflächenrauhigkeit (s. Tabelle 9) n = 1 / M,
  • der Flächenanteil ant_kas jeder Elementarfläche oder Hydrotopklasse an ihrem Kaskadensegment,
  • der Fließweg L zum Unterlieger (Kaskadensegment oder Gewässerabschnitt) und
  • der zeitkonstante Anteil der Gleichung (4-3) als Abflussfaktor \tiny \fn_jvn afak\_s=(L*n)^{3/5}/S^{3/10}.

03.4 Modellrechnung

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Innerhalb des Simulationszyklus wird das Abflusskonzentrationsmodell nur dann aktiv, wenn im Zuge der Abflussbildungsberechnungen auf mindestens Elementarfläche oder Hydrotopklasse Direktabfluss gebildet wurde.

Ist dies der Fall, wird für jedes Raumelement die flächenbezogene Summe aller internen (hydrotop- oder elementarflächenbezogenen) Direktabflüsse ermittelt. Basierend auf dem Ansatz der kinematischen Welle wird für jedes Element die Fließzeit Ts ermittelt, die der Landoberflächenabfluss RO zum vollständigen Verlassen benötigen würde.

Das Minimum aller Fließzeiten Ts (aller Raumelemente) bildet die Grundlage für die Abschätzung der aktuellen Berechnungszeitschrittweite DTb. Diese wird also bestimmt durch das Element mit den „günstigsten“ Fließbedingungen (größtes Gefälle, geringste Rauhigkeit, kürzester Fließweg) und ist ereignisabhängig über die Abflusshöhe.

In Abflussbildungsperioden wird also ereignisabhängig die Standardberechnungszeitschrittweite DTd, die der Zeitauflösung der meteorologischen Daten entspricht, aus Stabilitätsgründen bis in den Minuten- und Sekundenbereich herunter gesetzt.

Aus dem Verhältnis von Fließzeit Ts und Berechnungszeitschrittweite DTb ergibt sich dann für jedes Raumelement der Abflussanteil, der das Segment verlässt und dem Unterlieger (Segment oder Gewässerabschnitt) zugeordnet wird. Der restliche Abfluss verbleibt im Segment, wird durch eventuelle Oberliegerzuflüsse erhöht und im Abflussbil­dungsmodell wieder zur Infiltration angeboten.


03.5 Schnittstellen

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Die Anwendung der kinematischen Welle ist mit einer Reihe von schon diskutierten Unsicherheiten bei der Parametrisierung verbunden (Wahl der Rauhigkeiten, Übergang vom Schicht- zum Gerinneabfluss). Eine weitere liegt in der Ermittlung des Fließweges Fl des Landoberflächenabflusses zum Unterlieger. Programmintern wird dieser Fließweg aus der Entfernung zwischen den Flächenschwerpunkten der Teileinzugsgebiete bzw. der Entfernung zum unteren Gewässerknoten ermittelt. Diese Luftlinienentfernung berücksichtigt nicht das Relief, über das der wahre Fließweg ein Vielfaches der Luftlinienentfernung betragen kann. Letztlich wird damit die Konzentrationsgeschwindigkeit über- und die Konzentrationszeit unterschätzt.

Eine Verringerung der Konzentrationsgeschwindigkeit ist über eine Verlängerung des Fließweges möglich.

Dazu kann in der Steuerdatei MODUL.STE im Anweisungsblock KINWAVE ein Faktor zur Fließwegverlängerung angegeben werden (s. Abbildung 3-1).

Mit diesem Faktor wird der GIS-gestützt ermittelte Fließweg Fl multipliziert.

 

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KINWAVE
FAK_FLIESSWEGVERLAENGERUNG  1. 
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Abbildung 3-1: Modulsteuerung KIN_WAVE