Bauwerke

B.1 Integration ins GIS-Datenmodell
B.2 Übersicht über die verfügbaren Module
B.3 Beispiel Salziger See


B.1 Integration ins GIS-Datenmodell

Bei der Modellierung eines Flussgebietes ist es meist unumgänglich, Speicher, Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken, Wehre, Seen etc., also Sonderbauwerke zu berücksichtigen. Die Gemeinsamkeit obiger Bauwerke und Anlagen ist es, dass sie Punkte innerhalb des Gewässernetzes beschreiben. Diese Bauwerke und Anlagen verändern die Dynamik des Abflussregimes, haben aber im Gegensatz zu Entnahmen und Einleitungen (s. Kapitel 5.4) keinen Bilanz verändernden Einfluss. Eine Ausnahme sind größere Seen, die jedoch noch besprochen werden.

Die prinzipielle Verfahrensweise zur Verwaltung solcher Sonderbauwerke ist wie folgt:

  1. Es wird ein neues PseudoCover mit Gewässerpunkten GWP eingeführt, wobei jeder GWP einem Raumelement (FGW, TG oder REG) der räumlichen Diskretisierung für die Abflusssimulation eindeutig zuordenbar sein muss.
  2. Für jeden GWP kann eine Routine bzw. ein Modul zur Beschreibung der Abflusstransformation festgelegt werden, z.B. zur Beschreibung eines Überfallwehres etc. Bezüglich dieser Module kann auf eine Bibliothek mit vorgefertigten Modulen zurückgegriffen werden oder es können nach dem Muster der Bibliotheksmodule eigene geschrieben werden.
  3. Die Berücksichtigung der GWP-Module innerhalb der Abflusssimulation erfolgt so, dass bei Abarbeitung des Fließgewässermodells geprüft wird, ob der untere Knoten des aktuell modellierten Gewässerabschnitts ein GWP ist. Ist dies nicht der Fall, wird wie in Abbildung B.1‑1 a) angedeutet, der Abfluss aus dem Abschnitt direkt dem Unterliegerzufluss Qz zugeordnet. Auf der rechten Seite dieser Abbildung ist dargestellt, dass bei einem Vorhandensein eines GWP’s sämtliche Zuflüsse in diesen über eine Transformationsfunktion Tf gesteuert an den Unterlieger weitergegeben werden.
image

Abbildung B.1‑1: Verknüpfungen innerhalb des Fließgewässermodells

Wie eine solche Transformationsfunktion aussieht, wird letztlich durch die Art des Sonderbauwerkes bestimmt. Denkbar ist, dass Steuerungsfunktionen zufluss- oder wasserstandsabhängig sind oder auf die Einhaltung gewissen Schwankungsbreiten des Abflusses ausgerichtet sind.

Eine Umsetzung dieser Vielzahl verschiedener Möglichkeiten in Module, die über eine Bibliothek sofort verfügbar sind, kann nur im Laufe der Zeit erfolgen.

Vorrangiges Ziel bei der Einführung von Gewässerpunkten als zusätzliche Option gegenüber den bisherigen Möglichkeiten von ArcEGMO war es deshalb, die softwaremäßigen Möglichkeiten zur Integration derartiger Module in die Abflusssimulation zu schaffen.

Wie dies zu erfolgen hat, wird im Weiteren anhand der Einbindung eines Moduls zur Beschreibung der Seeretention erläutert.

Die dabei verwendeten Algorithmen beruhen auf dem Vorhandensein einer Stauinhaltslinie zur Umsetzung der Zuflüsse in Volumenänderungen und letztlich Wasserstände. Für die Abflussermittlung wird eine Wasserstand-Abfluss-Beziehungen genutzt. Damit ist dieses Seeretentionsmodul ziemlich universell einsetzbar, da sich bei wasserstandsabhängigen Steuerungen meist statt der hydraulischen Kennwerte der Steuerungseinrichtungen wie Grundablass oder Überfall auch direkt eine Wasserstand-Abfluss-Beziehung angeben lässt.

Abbildung B.1‑2 zeigt die Steuertabelle gwp.sdf, die analog den anderen Strukturdefinitionsfiles z.B. für die Elementarflächen, den Aufbau der GWP-Tabelle und der zugeordneten RELATE-Tabellen zeigt.

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###### Attribut-Tabellen ######################################################
GWP_PAT                               ASCII gwp_node.tab
GWP_IDENTIFIKATION                    GWP-ID
NODE_IDENTIFIKATION                   NODE-ID /* Zuordnung zu Gewaesserknoten
X_WERT                                X-COORD /*ueber NODE_IDENTIFIKATION
Y_WERT                                Y-COORD /*(s. FGW) oder X,Y-Koordinaten
BEZUGSHOEHE                           HOEHE
ANFANGSWASSERSTAND                    W_START
MODUL_ZUR_ABFLUSSTRANSFORMATION       MOD_TYP
Kennwert1                             ken1
Kennwert2                             ken2
Kennwert3                             ken3
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###### Relate-Tabellen ########################################################
HAV_BEZIEHUNGEN                       ASCII hav /* hav ist DateiTyp-Bezeichnung */
RELATIVE_HOEHE                        HOEHE /* in [m] bezogen auf BEZUGSHOEHE, s.o.*/
OBERFLAECHE                           AREA /* in [m**2] */
VOLUMEN                               VOL /* in [m**3] */
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WQ_BEZIEHUNGEN                        ASCII wq /* wq ist DateiTyp-Bezeichnung */
WASSERSTAND                           W /* in [cm], bezogen auf Bezugshoehe */
ABFLUSS_MINIMUM                       Qmin /* in [m**3/s] */
ABFLUSS_ MAXIMUM                      Qmax /* in [m**3/s] */
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Abbildung B.1‑2: Datei gwp.sdf – Strukturdefinition der Gewässerpunkttabelle

Abbildung B.1‑3 zeigt beispielhaft eine GWP-Tabelle. Die GWP-ID ist eine frei wählbare, aber eindeutige Nummer zur Identifizierung des GWP’s.

GWP-ID NODE-ID X-COORD Y-COORD HOEHE W_START ken1 ken2 ken3 MOD_TYP
23     33      551749  5983791 5.00  3.00    3000 0.0  1.5  1

Abbildung B.1‑3: Beispiel für eine Gewässerpunkttabelle

Soll für Testzwecke ein Gewässerpunkt mal deaktiviert werden, ohne dass die entsprechende Zeile komplett gelöscht wird, kann dass leicht geschehen, indem ihm der Modultyp 0 zugeordnet wird.

Die Angabe der Lagekoordinaten des GWP’s (X- und Y-COORD) dient ebenso wie die Angabe der NODE-ID des zugeordneten Gewässerknotens der Verknüpfung des GWP mit dem zugeordneten FGW (TG oder REG). Bei der Auswertung der Attribute wird folgende Rangfolge abgearbeitet. Wenn die NODE-ID belegt ist, wird diese verwendet. Wenn nicht, wie in Abbildung B.1‑4, wird versucht, über die X- und Y-Koordinaten eine Referenz zum nächstgelegenen Raumelement (Gewässerknoten, TG oder REG) der Abflussebene herzustellen.

GWP-ID X-COORD Y-COORD HOEHE W_START ken1 ken2 ken3 MOD_TYP
23     551749  5983791 5.00  3.00    3000 0.0  1.5  1

Abbildung B.1‑4: Beispiel für eine Gewässerpunkttabelle ohne NODE-ID

Die ersten beiden Möglichkeiten sollten dann Verwendung finden, wenn sich die zu beschreibenden Gewässerpunkte in guter Näherung auf wirkliche Punkte reduzieren lassen und die Abflusssimulation unter Nutzung eines Covers FGW erfolgt.

Eine dritte Möglichkeit zur Integration von Gewässerpunkten bzw. Sonderbauwerken gestattet über eine weitere Datei die Angabe einer beliebigen Anzahl von zufließenden Gewässerabschnitten bzw. Teileinzugsgebieten oder Regionen.

Diese dritte Möglichkeit wird dann aktiviert, wenn auch keine Koordinaten gegeben sind (s. Abbildung B.1‑5).

GWP-ID HOEHE W_START ken1 ken2 ken3 MOD_TYP
23     5.00  3.00    3000 0.0  1.5  1

Abbildung B.1‑5: Beispiel für eine Gewässerpunkttabelle ohne Koordinaten

Dann werden im Verzeichnis …GISRELATE für jeden Gewässerpunkt die Dateien GWP_<GWP-ID>.<Raumbezug(Q)> gesucht und sofern vorhanden zur Ermittlung der Zuflüsse zu diesem Gewässerpunkt verwendet. Innerhalb dieser Dateien (s. Abbildung B.1‑6) werden über das Steuerwort INPUT für den über die GWP-ID zugeordneten Gewässerpunkt die zufließenden Gewässerabschnitte bzw. (TGs oder REGionen) über ihre ID angegeben. Hinter dem Steuerwort INPUT ist noch die Anzahl der folgenden ID’s anzugeben.

Weiterhin ist es über diese dritte Möglichkeit auch die Beschreibung verzweigter Gewässerstrukturen und damit von komplexen Flussgebietsstrukturen im Tiefland möglich, indem über die Angabe eines ABZWEIGs eine Abflussaufteilung vorgenommen wird. Für einen Abzweig kann über eine WQ-Beziehung festgelegt werden, wieviel der zufließenden Wassermenge dem Unterlieger des Knotens (definiert über die Unterlieger-Zuordnung der zufließenden Gewässerstränge) und welcher Abfluss in einen Seitenstrang abgezweigt wird.
INPUT 3 Bitte beachten Sie, dass die Möglichkeit von Abflussverzweigungen nur unterstützt wird, wenn die Verknüpfungsmöglichkeit über die Node-ID und über die Lagekoordinaten nicht gegeben ist, in der gwp.sdf (s. Abbildung B.1‑2) NODE_IDENTIFIKATION und X_WERT, Y_WERT deaktiviert bzw. auskommentiert sind.

INPUT
25
26
27
ABZWEIG 34

Abbildung B.1‑6: Beispiel die Zuordnung GWP – FGW über eine separate Datei

Die weiteren Angaben in der Strukturdefinitionstabelle der Gewässerpunkte (s. Abbildung B.1‑2) enthält vorrangig Angaben, die auf das Grundmodul Seeretention zugeschnitten sind. So können z.B. die W-Q-Beziehungen, deren Wasserstandsangaben sich normaler Weise auf den Pegelnullpunkt beziehen, über die Angabe einer BEZUGSHOEHE in einen auf Meereshöhe bezogenen Höhenbereich gebracht werden. Außerdem kann als Startwert für die Retentionsberechnungen ein ANFANGSWASSERSTAND vorgegeben werden.

Weiterhin enthält die Strukturdefinitionstabelle der Gewässerpunkte (s. Abbildung B.1‑2) Angaben zu den RELATE-Tabellen im Verzeichnis …GISRELATE, derzeit die W-Q-Beziehungen und die Höhen-Oberflächen-Volumen-Beziehungen (HAV). Da bei diesen Tabellen von einer eineindeutigen Beziehung (1,1) zwischen GWP’s und Tabellen ausgegangen werden kann, wurde jede der W-Q- bzw. HAV-Beziehungen in einer getrennten Datei abgelegt, deren Dateinamen sich aus der GWP-ID (über die auch die Referenzierung erfolgt) und „.hav“ bzw. „.wq“ als Dateityp zusammensetzt. Abbildung B.1‑7 und Abbildung B.1‑8 zeigen beispielhaft Auszüge aus solchen Tabellen. Zu beachten ist hierbei, dass die Wasserstände in der WQ-Tabelle als auf den Pegelnullpunkt bezogene Höhen angegeben werden können (s. oben), vor allem aber wie in der Wasserwirtschaft üblich, in [cm] erwartet werden.

HOEHE AREA   VOL
1.00  43.00  12345.
2.00  131.00 14567.
...

Abbildung B.1‑7: Beispiel einer HAV-Tabelle

W   Qmin Qmax
70  0.83 1.16
75  1.05 1.50
...

Abbildung B.1‑8: Beispiel einer WQ-Tabelle

Weiterhin enthält die Gewässerpunkttabelle (s. Abbildung B.1‑3) Angaben zum Algorithmus und Kennwerte der Abflusstransformation (MOD_TYP, ken1, ken2 und ken3 – Attributbezeichnungen definiert über <MODUL_ZUR_ABFLUSS-TRANSFORMATION>, <Kennwert1>, <Kennwert2> und <Kennwert3> in der Datei GWP.SDF, s. Abbildung B.1‑2).

Wie Abbildung B.1‑8 zeigt, können in der WQ-Tabelle auch zwei Abflüsse angegeben werden, die je nach MOD_TYP entweder als möglicher Abflussbereich bei Anlagen interpretiert werden, die eine gesteuerte Abflussabgabe zulassen oder eine Abflussaufteilung bei einer Gewässerverzweigung (MOD_TYP 7 und 9) gestatten.


B.2 Übersicht über die verfügbaren Module

Derzeit sind die in Tabelle B.2‑1 angegebenen Teilmodelle in ArcEGMO integriert.

Tabelle B.2‑1: Module zur Beschreibung der Abflusstransformation

MOD_TYPKen1Ken2Ken3KennlinienName
0keine Transformation
1LamQgrGrünes Becken
11QgrHAV + WQBGrünes Becken WQ mit Qgr
31HAV + WQBGrünesBecken WQ ohne Qgr
39HAV + WQBGrünes Becken – sehr kleine Teiche
32Q_nebenQmaxGrünes Becken Nebenschluss
33 Q_neben(Grenzvolumen)QgrenzGesteuerter Polder Nebenschluss
2DhQminHAVSeeRetention ungesteuert
3DhQminWQBSeeRetention gesteuert
12DhHAV + WBQSeeRetention ungesteuert WQ
40HAV + WBQSeeRetention ungesteuert WQ_2U (2 Ausläufe)
10GrenzvolumenQminSeeRetention_ELS
37SeeRetention_ELS_Leak
34GrenzvolumenQminWQBSeeRetention_ELS_HAV
4WhWbMyWQBWehr
6 *W_Q_Beziehung
7WQBQ_Aufteilung_fQ
41Q_Aufteilung_fT
42Q_Aufteilung_fU
8Q_Aufteilung_fW
9WhWbMyWQBQ_Aufteilung_Streichwehr
14WhGWP_Stau
13/18HüberQmaxTalsperre
16q_max
_abzweig
q_min
_hauptstrang
q_max
_hauptstrang
Talsperrenzufluss
15Q-Salzstapelbecken
17Kontrollpegel
19Nachführung
29Nachführung Vorhersage
22QgrRegenüberlauf
23LamQgrRegenüberlaufbecken
27QminQmaxGrenzwertKontrolle
35 HAVSpeichermodell_VQ
36 VnBewässerungsteich
38Rückgangs-
konstante
Abfluss-
verlust
ExponentVerklausung und
Dammbruch

* Modul nicht aktiv

Die für jedes Modul anzugebenden Parameter sind alle in der Tabelle GWP.tab enthalten. Ihre Bedeutung kann von Modul zu Modul verschieden sein.

GWP.tab

GWP_IDHOEHEW_STARTk1k2k3MODUL_TYPX_COORDY_COORD
150.750.0021.2510.7445995195835875
247.61.41.410.003945991425833434
349.51.91.90.101245990545834460
447.251.31.50.0020245990005833000
549.40.30.30.0020745986505835681
6000001945996435838077

B.3 Beispiel Salziger See

Das folgende Beispiel demonstriert die Integration des künftigen Salzigen Sees in das hydrologische Modell Salza, das für Grundlagenuntersuchungen im Einzugsgebiet der Salza zur Wiederentstehung des Salzigen Sees aufgebaut wurde. Außerdem ist dargestellt, wie für Analysen der Seeretention das Gewässernetz auf den unmittelbaren Seebereich beschränkt wurde.

Räumliche Integration des Seemodells in die GIS-Datenbasis

Datei GWP_NODE.TAB
GWP-ID HOEHE   W_START  dh   Qmin
23     84.15   +0.00    0.5  0.3
Datei GWP_23.fgw
INPUT 3
65
101
104

Reduzierung des Modellgewässernetzes auf das Notwendige

Datei ARC_EGMO.STE

BERECHNUNGEN_BIS 64

Datei OR_FGW.SEL

ID
65
101
104

Abbildung: Beispiel zur Integration eines GWP

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