04.8 Regionen

Ähnlich wie die Hydrotopklassen bilden Regionen keine gesonderten Geometrien und sind somit auch kein eigenes Modellierungscoverage. Sie sind lediglich eine Zusammenfassung von Teileinzugsgebieten zu größeren Einheiten (z.B. Flussgebieten). Bei den Hydrotopklassen wurden Elementarflächen nach Ähnlichkeitskriterien und damit ortsunabhängig zusammengefasst, was im Ergebnis zu Flächenanteilen innerhalb größerer Einheiten (Teileinzugsgebiete, Kaskadensegmente etc.) führt. Bei der Bildung von Regionen werden nun kleinere Teileinzugsgebiete zu größeren Einzugs- oder Flussgebieten zusammengefasst und somit ortsabhängig behandelt.

Regionen wurden eingeführt, um insbesondere bei großräumigen Modellierungen auch mit detaillierten Datenbasen eine Beschränkung auf das Wesentliche zu ermöglichen. So können lokale Probleme bei der Festlegung von Abflussrichtungen in kleinen Vorflutern im ebenen Tieflandsbereich vernachlässigt werden, wenn nur die Abflussrichtung der Region bekannt ist.

Mit der Möglichkeit, Regionen zu bilden, sollen außerdem multiskalige und/oder genestete Modellierungen unterstützt werden, bei denen z.B. basierend auf einer zumindest partiell hochaufgelösten Datenbasis Zusammenfassungen zu Regionen vorgenommen werden können. Damit kann dann z.B. das Gesamtgebiet (Elbe) in wenige (z.B. 50) Teilgebiete untergliedert modelliert werden, die detaillierteren Teilbereiche können mit hochauflösenden Teilmodellen beschrieben werden, z.B. um spezielle Teilprozesse validieren zu können.

Als Voraussetzung für Modellierungen auf der Basis von Regionen ist die Erweiterung der in Kapitel 4.2 beschriebenen Struktur der Attributtabellen der Teileinzugsgebiete um ein Attribut zur Kennzeichnung der Region und ein Attribut zur Kennzeichnung des Unterliegers. Die Bezeichnungen dieser Attribute wird ArcEGMO über die Schlüsselwörter MODELL_REGION und REGION_ULIEGER in der Beschreibungsdatei DESCRIBETG mitgeteilt (s. Abbildung 4.8‑1 ). Die Angabe der Unterliegerregion ist optional. Wird sie nicht angegeben, erfolgt die Abflussverknüpfung der Regionen programmintern, wobei entweder die Unterliegerbeziehungen der Teileinzugsgebiete oder die der Gewässerabschnitte genutzt werden oder, sofern keinerlei explizite Angaben erfolgen, versucht ArcEGMO eine Ableitung direkt aus den Beziehungen der Gewässerarcs zueinander.

 

MODELL_REGION        RegID   /* RegionID */
REGION_ULIEGER       Uli_Mod /* Bezug auf PolygonID !!! */

Abbildung 4.8‑1 : Auszug aus der Steuerdatei TG

 

Für die Modellrechnungen werden Regionen so wie andere Raumbezüge behandelt und über die Hauptsteuerdatei ARC_EGMO.STE über die Kennung REG deutlich gemacht.

Ein Grund für die Einführung von Modellregionen war die Notwendigkeit, insbesondere bei großräumigen Modellanwendungen effektivere Wege für den Aufbau des GIS-Datenmodells als Voraussetzung für eine Modellierung zu finden.

Dies trifft in erster Linie auf den Teil der Datenbasis zu, der vorrangig der Abbildung der Abflusskonzentration dient, also die Cover Fließgewässer FGW und Teileinzugsgebiete TG (natürlich auch auf das Cover KAS der Kaskadensegmente). Hier ist eine manuelle Eingabe einer Reihe von Raumverknüpfungen erforderlich, da über Oberlieger-Unterlieger-Beziehungen vorzugeben ist, wie sich der Abfluss von Teilfläche zu Teilfläche letztlich ins Gewässer konzentriert wird und dort von Abschnitt zu Abschnitt das Gewässernetz durchläuft.

Im bisherigen Datenmodell war eine eineindeutige Zuordnung zwischen Gewässer und Einzugsgebiet erforderlich. Um diese Eineindeutigkeit zu erreichen ist oft ein Ausdünnen des i.d.R. wesentlich dichter vorliegenden Gewässernetzes notwendig, womit ein großes Maß an Subjektivität in die Modellbildung eingebracht wird. Gleichzeitig werden hiermit Informationsverluste z.B. über die Gewässernetzdichte erzeugt. Zum anderen steigt besonders bei großräumigen Modellanwendungen der manuelle Aufwand für die Datenaufbereitung.

Neben diesen Problemen bei der erstmaligen Erstellung des Datenmodells ist natürlich jede spätere Änderung, sei es eine Verfeinerung der Teilgebietsstrukturen oder eine Vergröberung, mit einer kompletten Neuermittlung der Raumverknüpfungen verbunden.

Durch die Einführung des Regionenkonzepts wird das bisherige GIS-Datenmodells in der Form erweitert, dass jetzt auch eindeutige Zuordnungen verarbeitet werden können (mehrere Gewässerabschnitte pro Region oder auch pro Teileinzugsgebiet). Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in der direkten Nutzung der in topographischen und hydrographischen Karten vorgegebenen Gewässerstrukturen und klassisch ausgegrenzten Einzugsgebieten. Beide liegen in verschiedenen Institutionen in unterschiedlicher Auflösung meist schon digital vor.

Mit diesem Ansatz sollen vorrangig folgende Ziele verfolgt werden:

1. Anpassung der zu verwendenden GIS-Datenstruktur an die aktuellen Projekterfahrungen mit hydrologischen Modellanwendungen und Integration von Hierarchieebenen hydrologischer oder administrativer Einzugsgliederungen (Strahler, Horton, LAWA …) in die Datenbasis. Zielstellung dabei ist es,

· Aufbereitungsschritte einzusparen, die sich aus dem restriktiven Charakter des bisherigen Datenmodells ergeben haben (z.B. Notwendigkeit, ein komplexes Gewässernetz auszudünnen, um eineindeutige Zuordnungen realisieren zu können),

· den potentiellen Informationsgehalt eines gegebenen Gewässernetzes so umfassend wie möglich zu nutzen, ohne mit der Modellierung auf die Einzelstrukturen zurück gehen zu müssen (letztlich Ableitung effektiver Parameter)

Im Einzelnen wird ArcEGMO dahingehend erweitert, dass eine Reihe bisher explizit vorzugebender Attribute in Zukunft programmintern ermittelt werden können. Sind diese Attribute durch das GIS-gestützte Preprocessing bestimmt, werden sie so verwendet. Das betrifft insbesondere die Attribute FGW-ID im Cover TG, ULIEGER in TG und FGW, X-Coord, Y-Coord und Höhe in allen Covern außer EFL.

2. Erstellung eines verbesserten bzw. an die geänderten Datenstrukturen angepassten Abflusskonzentrationsansatzes für das Gewässernetz

Für die modellmäßige Umsetzung des erweiterten Datenmodells bei der Beschreibung der Abflusskonzentration im Gewässernetz werden die Informationen sämtlicher Gewässerabschnitte eines Einzugsgebietes zu effektiven Parametern (z.B. mittleres Gewässergefälle, Gewässerdichte oder Gesamtgewässerlänge des übergeordneten Einzugsgebietes oder der Region) zusammengefasst, die integral das Abflussverhalten dieses Einzugsgebietes beschreiben. Unter Nutzung dieser effektiven Gewässerparameter kann letztlich die Abflusskonzentration im Gewässer wie bisher beschrieben werden, ohne die Informationsverluste beim Ausdünnen in Kauf nehmen zu müssen.



Beispiel

Die Notwendigkeit, zu größeren Modellierungseinheiten zu kommen, wird noch einmal in Abbildung 4.8‑2 verdeutlicht, in der das Gewässernetz der Stepenitz [Einzugsgebiet ca. 1200 km2] dargestellt ist. Eine Ausgrenzung seines Einzugsgebietes für jeden kleinen Gewässerabschnitt, um eine eineindeutige Zuordnung Teileinzugsgebiet -> Gewässer zu gewährleisten, wäre kaum möglich. Zudem besitzen, zumindest in der verwendeten Grunddatenbasis, eine Reihe von Gewässerabschnitten keinen Anschluss an das Hauptentwässerungssystem. Gleichwohl weist das dichte Gewässernetz auf enge Wechselwirkungen zwischen Grund- und Oberflächenwasser hin und ist ein Maß für die Speicherkapazität bzw. die Dynamik des Gebietes – alles Informationen, die für die Modellierung genutzt werden sollten.

Bildet man nach dem Strahler-Konzept eine Gewässerhierarchie wie in Abbildung 4.8‑2 , so wäre damit eine praktikable Möglichkeit zur Ausdünnung des Gewässernetzes gegeben, indem z.B. nur noch Gewässer ab der 4. Ordnung betrachtet werden. Damit sind allerdings beträchtlichen Informationsverlusten verbunden.

Der bessere Weg für großräumige Modellanwendungen besteht in der Ausgrenzung der Einzugsgebiete z.B. für die Gewässer ab 4. Ordnung unter Beibehaltung des kompletten Gewässernetzes und einer Modellierung auf TG-Basis.

Die Vorzugsversion ist allerdings die Ausgrenzung von Teileinzugsgebieten in einer Detailliertheit, die auch kleinräumige Modellierungen gestattet, also z.B. für Gewässer ab der 2. Ordnung. Für großräumige Modellanwendungen können dann in einem hierarchisch gegliederter System wie hier nach Strahler – eine Alternative wäre eine Flächengliederung gemäß LAWA-Richtlinie[1]– sehr variabel Regionen durch eine Zusammenfassung von Teileinzugsgebieten z.B. bis zur n. Ordnung gebildet werden, ohne das die Basisgeometrien geändert werden müssen.

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Abbildung 4.8‑2 : Gewässernetz der Stepenitz [1200 km2]

 


[1] Richtlinie für die Gebietsbezeichnung und die Verschlüsselung von Fließgewässern – Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) 1993

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