02. Prozessbeschreibung

Zur Beschreibung der Gewässerretention wurde ein Modul in ArcEGMO integriert, das auf Basis des Ansatzes von Kalinin-Miljukov (Beschreibung s. Rosemann & Vedral 1971) arbeitet.

Wird mit Kalinin-Miljukov gerechnet, so kann die Retention in Abhängigkeit vom aktuellen Gewässerabfluss wie folgt beschrieben werden:

\small \fn_jvn Q(t) = Q(t-1) + (Qzu(t-1) - Q(t-1)) \cdot C1 + (Qzu(t) - Qzu(t-1)) \cdot C2

mit

\small \fn_jvn C1 = 1. - exp(-dt/KTau),

\small \fn_jvn C2 = 1. - C1 \cdot KTau / dt und

\small \fn_jvn KTau = f(Q).

Voraussetzung für die Ermittlung der Retentionskonstante KTau in Abhängigkeit vom Durchfluss Q sind vermessene Gewässerprofile, die den (auch im Hochwasserfall) durchflossenen Bereich beschreiben.

Wird der Gültigkeitsbereich der so abgeleiteten KTau-Funktion verlassen, d.h. der aktuelle Durchfluss ist größer als der max. Durchfluss der KTau-Tabelle, kann

  1. mit dem KTau-Wert des letzten Intervalls der Tabelle gerechnet oder
  2. ein Vorlandspeicher aktiviert werden, in dem das über die Ableitungskapazität des Gerinnes hinausgehende Abflussvolumen zwischengespeichert wird, bis das Gerinne dieses Volumen wieder abführen kann oder
  3. wie bei überströmten Deichen das im Vorland gespeicherte Abflussvolumen sehr stark verzögert dem Gerinne wieder zugeführt wird. Dieser Rückfluss ins Gerinne ist damit unabhängig davon, ob zwischenzeitlich schon wieder Ableitungskapazität im Gerinne vorhanden ist.

Da insbesondere bei großräumigen Modellanwendungen in der Regel nicht das gesamte Gewässersystem vermessen vorliegt, kann Kalinin-Miljukov beliebig mit der Speicherkaskade Q_ELS kombiniert werden, d.h. nicht vermessene Gewässerabschnitte können mit der Speicherkaskade, vermessene nach Kalinin-Miljukov berechnet werden.

Bei der Anwendung von Kalinin-Miljukov kann dann noch entschieden werden, ob mit oder ohne Berücksichtigung eventueller Rückstaue gerechnet werden soll.

Auf die Berücksichtigung des Rückstaues kann verzichtet werden, wenn die Gefälleverhältnisse im Gebiet keinen Rückstau oder nur einen lokal eng begrenzten Rückstau erwarten lassen und wenn die korrekte Abbildung des Wasserstandes im Gewässerlängsschnitt nicht relevant ist.

In diesem Fall wird der klassische Kalinin-Miljukov-Ansatz angewendet, bei dem die KTau-Werte über das Sohlgefälle parametrisiert werden. Für jeden Gewässerabschnitt wird in Abhängigkeit vom aktuellen Zufluss ein KTau-Wert abgeleitet und daraus der aktuelle Abfluss, d.h. die Weitergabe an den Unterlieger ermittelt. Dabei wird nicht, wie das nachfolgende Schema verdeutlicht, geprüft, wie der aktuelle Wasserstand im Unterlieger ist und ob überhaupt ein Abfluss möglich ist.

 

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Vor allem im Tiefland sollte der Rückstau in den meist gefällearmen Gewässern berücksichtigt werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn eine korrekte Abbildung der Wasserstände als Randbedingung für die Grundwassermodellierung erforderlich wird.

Eine inhaltlich fundierte Beschreibung von Rückstaueffekten ist nur über numerisch sehr aufwendige, hydraulische Modellansätze möglich, die aber meist für die mit ArcEGMO angestrebten Langzeitsimulationen für größere Einzugsgebiete zu nicht mehr handhabbaren Rechenzeiten führen.

Deshalb wurde eine Programmlösung entwickelt, die das Wasserspiegelgefälle nutzt, um die KTau-Werte für den Kalinin-Miljukov-Ansatz zu ermittelt. Verwendet wird dafür die Wasserstandsdifferenz zwischen Unterlieger und dem aktuellen Gewässerabschnitt, wobei der Unterlieger ein Gewässerabschnitt im Gewässersystem oder ein Bauwerk (GWP) sein kann.

Ist der Wasserstand geringer als der Wasserstand des Unterliegers, wird die Abflussmenge nicht weitergegeben, sondern im Gewässerabschnitt zur Anhebung der Wasserstände gespeichert.

 

NORMAL

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WS FGW < WS Unterlieger

 

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mit Wehr

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Abbildung 2‑1: Rückstau im Gewässer

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