07.5 Modellebene Direktabflusskonzentration – RD

Die Konzentration des Direktabflusses kann mit den Raumdiskretisierungen Kaskadensegmente, Teileinzugsgebiete oder Gesamtgebiet beschrieben werden.

Zur Beschreibung der Prozesse können derzeit eingesetzt werden

  1. der Ansatz der kinematischen Welle oder
  2. die vollständige Translation innerhalb des Berechnungszeitschrittes DT.

Die integrierten Modelle werden ausführlicher im Teil II der Programmdokumentation beschrieben.

Bei der vollständigen Translation werden lediglich sämtliche Direktabflüsse, die in der Modellebene ABI ermittelt wurden, an die Modellebene Q weitergegeben, ohne dass Verzögerungseffekte berücksichtigt werden. Da dies letztlich auf die Verwendung einer Systemantwort mit einer Ordinate, die den Wert 1 besitzt, hinaus läuft, was die einfachste aller denkbaren Modellvorstellungen ist, kann auf eine weitere Beschreibung verzichtet werden.

Für spätere Versionen des Systems ArcEGMO ist vorgesehen, den Direktabfluss unter Verwendung verbesserter Systemantworten zu konzentrieren, die unter Nutzung relevanter Flächeneigenschaften ermittelt werden. Denkbar ist auch die Bildung von Direktabflusskomponenten, also die Zusammenfassung der Direktabflüsse von Flächentypen mit ähnlichen Eigenschaften bzgl. der Fließgeschwindigkeiten. Diese können z.B.

  • über komponentenbezogene Systemantworten, die z.B. in Abhängigkeit von der Oberflächenrauhigkeit als Funktion der Flächennutzung und des Geländegefälles ermittelt werden und/oder
  • bei geeigneten Hydrotopklassendefinitionen trotz der dabei zugrunde liegenden Ortsunabhängigkeit mittlere Nachbarschaftsbeziehungen und damit laterale Flüsse zwischen den Hydrotopklassen berücksichtigen.


RD_MODELL
ABFLUSSBILDUNG_ITERATIV       0  /* 1 Abflussbildung innerhalb oder */
                                 /* 0 ausserhalb der internen Zeitschleife */

Abbildung 7.5‑1: Steuerdatei MODUL.STE – Block RD_MODELL

 

Über die Steuerdatei MODUL.STE (s. Abbildung 7.4-1) kann festgelegt werden, wie die Abflussbildung behandelt wird. So ist bei Anwendung dynamischer Konzentrationsansätze wie der kinematischen Welle eine variable Zeitschrittsteuerung integriert, die in Abflussbildungsperioden den Abflusskonzentrationsprozess in hoher zeitlicher Auflösung berechnet. Die Abflussbildung wird dagegen i.d.R. entsprechend der zeitlichen Auflösung der meteorologischen Daten simuliert. Es besteht nun über die Option ABFLUSSBILDUNG_ITERATIV die Möglichkeit, in Niederschlagsperioden die Abflussbildung in derselben Zeitauflösung wie die Konzentration zu beschreiben. Diese sehr rechenzeitintensive Modellierung erlaubt eine gute Wiedergabe der Wiederversickerung des Landoberflächenabflusses auf seinem Weg zum Vorfluter.

 

Steuerung des gewässerwirksam werdenden Anteils des Direktabflusses

Die für die Modellebene Direktabfluss (RD) umgesetzte Modellvorstellung über die Konzentration des oberflächig oder oberflächennah fließenden Wassers zum Vorfluter ging von einem Schichtabfluss aus, der am Ende eines Zeitschrittes wieder zur Versickerung angeboten wurde. Damit war eine gewisse Zeitschrittabhängigkeit hinsichtlich der Gewässerwirksamkeit des Oberflächenabflusses verbunden, da bei kurzen Berechnungszeitschrittweiten der erneut versickernde Anteil höher als bei geringen Zeitschrittweiten war. Auf der anderen Seite wurden natürlich in der Modellebene ABI bei geringer zeitlicher Auflösung die Niederschlagsintensitäten geglättet und somit ein geringerer Oberflächenabfluss ermittelt. Inwiefern beide Effekte sich ausgleichen, wurde bisher von uns nicht untersucht.

Über einen neuen empirischen Parameter soll jetzt der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Modellvorstellung von einem Schichtabfluss nur für kurze Fließstrecken anwendbar ist, da der Oberflächenabfluss sich meist nach kurzen Fließwegen innerhalb des Mikroreliefs in Vertiefungen sammelt und vorgefundene „microchannels“ nutzt oder diese schafft. Ein Fließen, in wenn auch kleinen Gerinnen, findet also lange bevor das im Modell abgebildete Gewässersystem erreicht wird statt. Hat sich der Abfluss aber in diesen Mikrogerinnen konzentriert, fließt er dort zum einen mit höherer Geschwindigkeit ab und zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Versickerung wesentlich geringer, da die Kontaktfläche zum Boden geringer ist.

Ein einfacher Modellansatz, um festzulegen, welcher Anteil im Gerinne und welcher flächig abfließt, die Vorgabe eines Anteils des Direktabflusses, der das Mikrogerinne erreicht und nicht mehr zur Wiederversickerung angeboten wird. Dieser Anteil kann global, d.h. im gesamten Gebiet einheitlich wie folgt in der modul.ste vorgegeben werden.

RD_MODELL
UEBERTRITTSANTEIL_MIKROGERINNE 0.0 /* Anteil des Direktabflusses, der das Mikrogerinne*/
                                   /* erreicht und nicht mehr zur Wiederversickerung  */
                                   /* angeboten wird */
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Sofern für das RD-Modell als Raumauflösung TG gewählt wurde, wird außerdem eine räumlich differenzierte Vorgabe des Übertrittanteils unterstützt, indem im TG-Cover dazu ein Attribut vorgegeben werden kann.

 

UEBERTRITTSANTEIL_MIKROGERINNE AntMik /* Anteil des Direktabflusses, der das */
                                      /* Mikrogerinne erreicht und nicht mehr zur */
                                      /* Wiederversickerung  angeboten wird */
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

 

Zuordnung des hypodermischen Abflusses

Der hypodermische Abfluss, der auf eine Fläche bei entsprechenden Bodeneigenschaften und ausreichendem Gefälle gebildet wird, erreicht nach dem bisherigen Modellkonzept unverzögert und in voller Höhe den nächsten Vorfluter (schnelle Komponente in SLOWCOMP) bzw. den letzten Gewässerabschnitt des Einzugsgebietes (RH aus dem BWHM), in dem die Bildungsfläche liegt.

Dieses Konzept stößt spätestens in abflusslosen Binneneinzugebieten (TG ohne entwässernden FGW) an seine Grenzen, ist aber auch normalen Einzugsgebieten problematisch, weil in der Realität Fenster in den schlecht durchlässiger Schichten zu einer Versickerung ins Grundwasser, ein Auslaufen dieser Schichten am Hangfuß diesen hypodermischen Abfluss wieder zu einem Oberflächenabfluss mit der Möglichkeit zur erneuten Infiltration werden lässt.

Eine physikalisch belastbare Lösung dieser Problematik ist nur möglich, wenn der hypodermische Abfluss auf seinem Weg zum Vorfluter modelliert wird, was eine Berücksichtigung der Nachbarschaftsbeziehungen der Modellierungseinheiten (meist EFL) erfordert, die in ArcEGMO derzeit nicht unterstützt wird.

Folgende pragmatische Lösung wurde geschaffen:

Für die Raumelemente, die für die Modellierung des Direktabflusses genutzt werden (meist TGs oder KASKADENSEGMENTE), kann in der modul.ste über den  Eintrag  RH_GW Zuordnung der Anteil von RH angegeben werden, der ins Grundwasser versickern soll.

Eintrag in der modul.ste

RD_MODELL
RH_GW Zuordnung             0.1   /* gibt den Anteil des RH an, der nicht den    */
                               /* Vorfluter erreicht und ins GW versickert.   */
                               /* {0...1, default=0}                          */

 

Dieser globale Parameter kann räumlich differenziert untersetzt werden, wenn dem Cover, das für die RD-Modellierung genutzt, ein Attribut zugewiesen wird, das diesen Anteil für jedes Raumelement (hier TG) beinhaltet.

Fehlt die Angabe dieses Anteils, wird der default-Wert von Null verwendet.

Eintrag in tg.sdf

RH_GW_Zuordnung         RH2GW /* ist ein Attribut im ModellierungsCover für  */
                              /* RD (meist TGs), das  den Anteil des RH an-  */
                              /* gibt, der nicht den Vorfluter erreicht und  */
                             /* ins GW versickert. {0...1,default=0         */

 

In abflusslosen Gebieten wird für den (verbleibende) RH (sofern RH2GW < 1.) angenommen, dass er wieder oberflächlich austritt. Gemeinsam mit RO wird dieser RH-Anteil dem Muldenspeicher zugewiesen und über diesen erneut zur Versickerung angeboten.

Problematisch hierbei ist, dass dieses Wasser mehrfach, d.h. in mehreren Zeitschritten bilanziert wird, so dass hier die programminterne Erstellung der Gebietswasserbilanz nicht funktioniert.

 

Einschränkungen bei der Anwendung:

Nur für TG als Raumgliederung für Modellebene RD (lässt sich aber leicht auch auf KASKADEN übertragen)

 

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