1.3 Anforderungen an die hydrologische Software

Wie eingangs erläutert, steigen die Anforderungen an die Wasserwirtschaft und damit letztlich auch an die hydrologische Modellierung. Es sind Probleme zu lösen,

  • die Modellanwendungen in den unterschied­lichsten Raum- und Zeitmaßstäben mit den ent­spre­chenden räumlichen und zeitlichen Dis­kretisierungen erfordern,
  • bei denen die unterschiedlichsten Datengrundlagen zur Verfügung stehen und
  • bei denen unterschiedliche hydrologische Prozesse im Vordergrund stehen (Was­serhaus­halt, Abfluss, Hochwasserprognose; Langfristsimulation usw.).

Dieser Aufgabenumfang ist durch Einzelmodelle bzw. Universalprogramme nicht mehr abdeckbar.

Die Anzahl unterschiedlicher Mo­del­le für die glei­chen Prozesse bzw. Aufgaben, die sich bzgl. der verwendeten Algorithmen kaum unterscheiden, wächst. So fällt zum einen dem Modellan­wender die Wahl des für ihn adäquaten Modells zunehmend schwe­rer und zum anderen steigt für den Mo­dellentwickler der Aufwand für die Programmierung gra­phischer Programmober­flächen, für Datenbank- und GIS-Schnittstel­len, während die eigentliche Modellentwicklung in den Hintergrund tritt.

Hieraus sind folgende Anforderungen an neue hydrologische Softwareentwicklungen abzulei­ten:

Benötigt werden nicht vordergründig neue Modelle, sondern variable, hydrolo­gische Modellie­rungssysteme, die

  1. über definierte Schnittstellen die Einbindung hydrologi­scher Gesamt­mo­delle bzw. Teilprozessmodelle gestatten,
  2. je nach Problemstellung, Maßstabsbereich und verfügbarer Datenbasis eine Ver­knüp­fung unter­schied­li­cher Teil­mo­delle zu einem neuen Gesamt­modell gestat­ten,
  3. über eine nutzerfreundliche, graphische Oberfläche verfügen und damit zu einer Erleichterung der Modellbedienung beitragen und diese vereinheitlichen,
  4. über Schnittstellen den Datenzugriff auf externe Datenbanken gestatten, und zwar zu den raumbezogenen Daten (GIS), den zeitbezogenen Daten und weite­ren, beispiels­weise Wissens- und Methodenbanken.
  • Benötigt werden physikalisch fundierte, modulare Modelle, deren Modellparameter in definier­ter Beziehung zu Rauminformationen stehen und aus diesen abgeleitet werden können.
  • Benötigt werden definierte Datenschnittstellen zu GIS und Programme, die die Er­stel­lung der GIS-Datenbasis unterstützen.

Bei einer konsequenten Umsetzung dieser Anforderungen können klassische Elemente von Nutzeroberflächen hydrologischer Programme in Zukunft entfallen. Dies betrifft:

  1. Systempläne zur Festlegung von Verknüpfungen zwischen Systemelementen (Teilgebiete, Gewässerstrecken, etc.) und zur Erstellung der Abarbeitungshierarchie, die effektiver direkt im GIS organisiert werden können, zumal alle Mengenflüsse raumbezogen sind.
  2. Tabellen zur Eingabe, Visualisierung und Editierung von Modellparametern. Bei physikalisch fundierten Modellansätzen stehen die Parameter in direkter und eindeutiger Beziehung zu den Flächeneigenschaften, die als Flächenattribute (z.B. Bodenform, Nutzungstyp) direkt im GIS verwaltet werden und effektiv abgerufen und verarbeitet werden können.
  3. Tabellen mit flächenbezogenen Modellergebnissen, die wiederum im GIS visualisiert werden können und durch die hier gegebenen Möglichkeiten, u.a. den Vergleich mit den räumlichen Verteilungen der hydrologisch relevanten Flächeneigenschaften (z.B. Bodenform, Nutzungstyp), besser analysiert werden können.
  4. Wenn also zur Beschreibung der räumlichen Heterogenität der hydrologischen Systeme flächendifferenzierte Modelle eingesetzt werden und diese eng gekoppelt an ein GIS arbeiten, dann ist naheliegend, diese Modelle ebenfalls unter einer GIS-Oberfläche arbeiten zu lassen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich durch den Einsatz von GIS in der hydrologischen Modellierung neue Möglichkeiten zur Nutzung raumbezogener Informationen ergeben. Es stellen sich aber auch neue Anforderungen an die Mo­dellierung. Die räumliche Modelldiskretisierung, die Modellparamete­rer­mittlung und die Ergebnisvisualisierung lassen sich effektiver gestalten – insbesondere kann die Ermittlung der Mo­dellparameter objek­ti­vie­rt werden. Andererseits ergeben sich durch den GIS-Einsatz und dem damit einherge­henden Trend zu auto­ma­ti­sier­baren Vor­ge­hens­wei­sen bei der Modellierung auch gewisse Risiken, die umfassende Plausibilitätsprüfungen bei Eingangsdaten und Modellergebnissen fordern. Für sie bietet sich bei raumbezogenen Daten wiederum der GIS-Einsatz an.

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