1.1 Geographische Informationssysteme und hydrologische Modellierung

Die Entwicklungen in der Computertechnik, im Hard- und Softwarebereich ermöglichen die Anwendung neuer Kon­zepte in der wasserwirt­schaftlichen Praxis, in der Hydro­lo­gie und nicht zuletz­t auch in der hydro­lo­gischen Forschung und Modellierung. Zu diesen Entwicklungen zählen:

  • leistungsfähige, arbeitsplatznahe Rechentechnik, insbesondere Gra­fik-Worksta­tions und Hochleistungs-PC´s,
  • effiziente Software zur Datenverwaltung, -analyse und zur Visua­li­sie­rung,
  • neue Technologien zur Informationsgewinnung wie Fernerkundung und digitale Bild­ver­arbei­tung.

Die neuen Informationsgewinnungstechnologien können hochaufgelöste Flä­chen­infor­ma­tio­nen (z.B. der Land­nut­zung, Schnee­be­deckung) liefern, die für das Umweltmoni­toring ge­eig­net, ohne entspre­chende Hard- und Software für diese Zwecke aber nicht hand­hab­bar sind.

Der Zustand der Umwelt und erkennbare Entwicklungstrends im Um­welt­be­reich ma­chen die Anwendung dieser neuen Kon­zepte zwin­gend erfor­der­lich, insbesondere zur Untersuchung des hydrologischen Regimes und der Verfügbarkeit der Wasserressourcen nach Menge und Qualität sowie ihrer Veränderungen infolge von Klima-, Landnutzungs- und Wasserbewirtschaftungsänderungen. Aufbauend darauf geht es dann um die Entwicklung von Konzeptionen

  • zum nachhaltigen Schutz der Ressource Wasser einschließlich ihrer Sanierung,
  • zum Schutz vor schädigenden Wirkungen des Wassers auf Mensch und Umwelt, insbesonde­re in Extremsitua­tionen,
  • zur Vermeidung und Verminderung möglicher Schädigungen.

Eines dieser neuen Konzepte schließt die umfassende Nutzung Geographischer Infor­ma­tions­syste­me (GIS) mit ein. GIS wer­den in der was­ser­wirt­schaft­li­chen Pra­xis schon viel­fach und im wachsenden Maße einge­setzt, weil was­ser­wirt­schaftli­che Problem­stellun­gen raum­bezogen sind bzw. sich auf Punkte, Li­nien und Flächen und damit auf die Geome­trieelemen­te eines GIS be­zie­hen. So sind für Fluss­ein­zugs­gebie­te Wasser-­ und Stoffbilanzen auf­zu­stel­len oder Be­wirt­schaf­tungs­richt­linien zu ent­wickeln, für Fluss­läufe Längs­schnitt­bilanzen zu erarbeiten, Über­flutungs­flächen auszuwei­sen oder Wellen­abfla­chungen zu berech­nen und für Pegel, also punktbezogen, Daten zu erheben, zu verwalten und zu analysie­ren.

GIS werden eingesetzt als Informationssysteme und zur Recherche, z.B. über die räum­liche Ver­tei­lung von Messeinrichtungen, Wassernutzern, Einleitern etc. Sie stellen meist eine wertvolle bzw. notwendige Un­terstützung wasserwirtschaftlicher Datenbanken dar, wobei u.a. die Visualisie­rungs­möglichkeiten eines GIS sinnvoll genutzt werden können.

Eine Reihe von Funktionalitäten eines GIS gestatten umfangreiche Datenanalyse­n. So können vorhan­dene Daten ausgewertet werden, z.B. im Hinblick auf die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Zustände, Extremereignisse o.ä. in den betrachteten Räumen. Auch lässt sich leicht die Anzahl bestimmter Nutzer in Flussge­bie­ten ermitteln, wobei Daten­bank­funk­tionalitäten durch neue GIS-Funk­tio­na­li­täten ergänzt werden.

Es kön­nen aber auch neue Informa­tionen gewon­nen werden, z.B. durch Ver­schnei­dung und Verknüpfung ver­schiedener Karten mitein­ander, die bei getrennter Analyse der Aus­gangs­karten nur bedingt ab­leitbar wären.

Die genannten Einsatzmöglichkeiten eines GIS sind natürlich besonders effizient in der hydrologischen Modellierung nutzbar. Aus­führlicher erläutert wer­den soll im Folgenden die Mo­del­lie­rung des Wasserhaushalts und des Nie­der­schlag – Abfluss – Pro­zesses in Flusseinzugsgebieten, für die ein GIS eingesetzt werden kann

  • als Informationssystem über Eigenschaften des Untersuchungsgebietes, verfügbare Daten­basen u.ä.,
  • im Rahmen des Preprocessing für die Flächendiskretisierung und für die Mo­dellpara­meterer­mittlung,
  • im Rahmen des Postprocessing für die Visualisierung der Modellierungser­geb­nisse.

Der GIS-Einsatz bietet sich hier besonders an, weil verschiedene raumbezogene Daten analysiert und miteinander ver­knüpft werden müs­sen. So liegen die Messrei­hen der Eingangsgrößen (z.B. Nie­derschlag und potentielle Verdunstung) i.d.R. als punkt­bezogene Werte vor. Diese müssen auf die zu modellieren­den Flächen (Untersuchungsgebiet, Teilein­zugs­gebie­te oder kleiner) übertragen werden. Die im Gebiet stattfindenden hydrologischen Prozesse (z.B. die Verdunstung und Abflussbildung) sind flächenbezogen. Der auf Einzelstandorten und Elementarflächen im Einzugsgebiet entstehende Abfluss konzentriert sich zunächst linienförmig in Gräben und im Gewässersystem und wird letztlich für Pegel berechnet, wo er punktbezogen mit Messwerten verglichen werden kann.

Für die Modellierung kann ein Einzugsgebiet als offenes System aufge­fasst wer­den, dessen Sy­stem­verhalten durch raum- und zeit­va­riable Sy­stemeingänge und -­eigen­schaf­ten be­stimmt wird und dessen Systemausgänge dadurch auch raum- und zeit­variabel sind.

Folgende, raumbezogene Basis­informatio­nen sind relevant:

  • Digitale Höhenmodelle (Höhenlinien und -punkte usw.),
  • Landnutzung, darunter Vegetationseinheiten, bebaute, z.T. versiegelte Flächen wie Straßen, Wege, Ortschaften u.ä.,
  • Bodenformen/ -arten und -strukturen,
  • geologische Einheiten, hydrogeologische Verhältnisse,
  • Gewässernetze,
  • Lage von hydrologischen und meteorologischen Messeinrichtungen (Pegel, Niederschlagsstationen usw.).

Diese Rauminformationen können effektiv in einem GIS bereitgestellt, analy­siert ­und erweitert wer­den. So lassen sich mit Hilfe eines digitalen Höhenmodells (DHM) aus den Höheninfor­matio­nen weitere, hydrologisch relevante Flächeneigen­schaften wie Gefälle und Exposition ableiten. Diese Basisdaten werden sachbe­zo­gen verwaltet und bilden die Infor­ma­tions­ebe­nen des GIS.

Durch die eingangs erwähnten neuen Gewinnungstechnologien können Informationen in ho­her räum­licher und zeitlicher Auflösung bereitgestellt werden. GIS in Ver­bindung mit lei­stungs­fähiger Hard­ware bieten die Möglichkeit, die räumlich hoch aufgelösten Informationen umfassend zu nutzen.

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